Mein Yoga- und Wanderretreat

Nach neun Monaten Planung fand im Juni 2019 nun endlich mein erstes Yogaretreat statt. Ich hatte für die Vorbereitung mit einer Retreat-Organisatorin aus den USA über die Ferne zusammengearbeitet, was allerdings aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen von z.B. Marketingstrategien nicht immer so harmonisch lief wie ich mir das vorgestellt hatte und ganz schön teuer war.
Die größte Herausforderung für mich war aber nicht die Planung oder Durchführung des Retreats, sondern genügend Teilnehmer zu finden. Da ich nicht regelmäßig in einem Yogastudio arbeite und keine große Social Media-Präsenz habe, konnte ich nicht auf einen Kundenstamm, der meine Yogastunden kennt, zurückgreifen. Dabei war es mir nicht wichtig, ob ich aus diesem ersten Retreat Gewinn ziehe, ich brauchte aber genügend Teilnehmer, um die Kosten für die Unterkunft in der Churup Mountain Lodge, bei der ich im Vorjahr gearbeitet hatte, und für die Retreat-Organisatorin Una zu decken.

Es fanden sich im Dezember über eine Retreatwebsite drei Amerikaner und ein ehemaliger Kollege eines Jobs in Australien aus Deutschland war auch angemeldet. Damit fehlte mir nur noch eine Person, um die Ausgaben decken zu können. Dann war es aber schon März, die Unterkunft wollte bis Ende April Bescheid haben und Una wurde etwas nervös, was zur Folge hatte, dass sie die Teilnehmer über die Möglichkeit des Nicht-Stattfindens des Retreats informierte. Als sich dann schließlich im April eine Kollegin meines derzeitigen Jobs in Patagonien entschied teilzunehmen, glaubte ich es endlich geschafft zu haben – das Retreat kann stattfinden. Nur hatten wir seit einiger Zeit nichts mehr von unserem deutschen Teilnehmer gehört. Es stellte sich heraus, dass er aufgrund Una’s Benachrichtigung und anderen Reiseplänen seine Meinung geändert hatte und seine Teilnahme absagte. Nun war es aber zu spät, um den anderen vier Teilnehmern so kurzfristig das Event abzusagen. Zum Glück ließ sich die Unterkunft auf neue Verhandlungen ein und bot uns an zu einem günstigeren Preis nur die benötigten Zimmer anstelle der gesamten Lodge zu buchen. Damit machte ich zwar unterm Strich immer noch Minuszahlen, aber deutlich weniger.

Nachdem die Saison in Patagonien zu Ende war, arbeitete ich das 7-tägige Programm genauer aus und erstellte die einzelnen Yogaklassen, Meditationen und Theorieteile. Neben den Yoga-Elementen waren auch drei Wanderungen geplant, bei denen die größte Herausforderung die Höhe darstellte. Die Lodge selbst liegt schon auf 3700m Höhe, so dass selbst ohne Anstrengung bei Ankunft mit dem Nachtbus direkt aus Lima schon Probleme mit Höhenkrankheit auftreten können.

Anfang Juni flog ich also von Santiago, wo ich die Familie von Cristóbal kennengelernt hatte, nach Lima und nahm den Nachtbus nach Huaraz auf 3000m, dort verbrachte ich ein paar Tage vor Retreatbeginn zum Vorbereiten und Akklimatisieren. Cristóbal kam zwei Tage später dazu, er hatte sich bereit erklärt als mein Retreat-Assistent mitzukommen, dessen Position ursprünglich im Paket des Lodge-Angebotes mit vorgesehen war, um eine/n Masseur/in mitbringen zu können. Cristóbal war für die Fotos während des Retreats verantwortlich und seine Hauptaufgabe war es also manuelle Therapie und Massagen als zusätzliche Aktivitäten für die Teilnehmer anzubieten, während ich Privatyogastunden und Reiki-Behandlungen im Angebot hatte.

Einen Tag vor Retreatbeginn besuchten wir die Lodge, um schon einige Sachen dort zu lassen, die neue Managerin kennenzulernen und letzte Vorbereitungen zu besprechen.

Dann war es endlich soweit: am 8.6.19 trafen wir also alle vier Teilnehmer in Huaraz und auf Anhieb schien es eine tolle Gruppe zu sein, alle zwischen 25 und 32, Cristóbal und ich dabei die ältesten. Wir waren also ein Pärchen und dessen gute Freundin aus Memphis, Tennessee, meine Kollegin Franziska aus Chile, Cristóbal und ich. Eine kleine, überschaubare Gruppe, finanziell wären mir zwar mehr lieber gewesen, aber für den Anfang war das Ganze einfach zu handeln.

Nach einem Begrüßungszirkel am ersten Abend gab es die erste Mahlzeit der Lodge und wie von Köchin Wilma, die ich schon im Vorjahr kennengelernt hatte, erwartet, war das Essen erstklassig. Da zwei Veganer unter den Teilnehmern waren, hatte sie ein tolles veganes Menü zusammengestellt und die ganze Woche wurden wir mit wechselndem Frühstücksbuffet und 3-Gänge-Menüs zu Mittag- und Abendessen verwöhnt.

Am zweiten, bzw. ersten vollen Tag, wie an den meisten Tagen, begannen wir mit Morgenyoga, allerdings erst einmal mit geringer Intensität, um langsam mit der Höhe und den veränderten Sauerstoffbedingungen klarzukommen.

Auch mit dem Wandern fingen wir entspannt an und machten am Nachmittag einen Spaziergang entlang eines Weges, der direkt bei der Lodge beginnt. Dieser teilt sich allerdings in zwei und so fand ich nicht den Pfad, dem ich eigentlich folgen wollte, wir hatten aber trotzdem einen schönen Ausflug. Zwei Tage vorher hatten Cristóbal und ich den ersten Teil des Weges schon erkundet, um einen guten Platz zum Meditieren zu finden. Dort hielten wir auf dem Rückweg und ich führte die Teilnehmer durch eine Naturmeditation.

Am Abend gab es noch eine Einführung in Yogaphilosophie, um neben der körperlichen Praxis etwas mehr Verständnis für den philosophischen Hintergrund zu schaffen. Leider hatte Teilnehmerin Christina in dieser Nacht mit dem typischerweise verzögerten Effekt der Höhe zu kämpfen, akklimatisierte sich aber am nächsten Morgen.

Auch der dritte Tag war noch etwas relaxter, die Yogastunden noch etwas schonender und am Vormittag hielt ich den angekündigten „Presence Workshop“, in dem ich über das Sein im Hier und Jetzt sprach und Übungen anleitete, durch die man dies vermehrt erreichen kann.

Cmledithoo (45)

Die freien Vor- und Nachmittage nutzten die Leute wie geplant, um Behandlungen mit Cristóbal zu buchen, später in der Woche hatte ich auch eine private Yogastunde und zwei Reiki-Behandlungen. Nachdem dies Angebote waren, deren Kosten natürlich nicht im Retreatpreis enthalten sind, verdienten wir beide etwas Taschengeld.

Am vierten Tag war es dann Zeit für die erste große Wanderung zur Laguna Churup. Dies war für viele eine Herausforderung. Es waren zwar „nur“ gut 500 Höhenmeter zu bewältigen, jedoch bis auf 4400m Höhe. Der Wanderweg bietet außerdem weitere Herausforderungen mit steilen Felsabschnitten, die mit Stahlseilen abgesichert sind. Wir kamen allerdings nach nur zweieinhalb Stunden (die generelle übertriebende Zeitangabe sind vier Stunden) oben an und ließen uns Zeit für die mitgebrachte Brotzeit, um die tolle Umgebung zu genießen und jede Menge Fotos zu schießen.

Wir hatten vorher beschlossen statt vom Startpunkt das Taxi zurückzunehmen, mit dem wir angekommen waren, zur Lodge zurückzulaufen, was nur ca. zwei Kilometer mehr waren, aber die Sonne brannte herunter und Christina fühlte wieder einen Ausbruch von Höhenkrankheit. So waren dann alle recht platt und froh, dass noch etwas Zeit zum Ausruhen blieb vor dem Abendessen und der regenerativen Yogastunde danach.

Tag 5 war wieder entspannter, allerdings änderte ich den Wochenplan etwas und verschob die für den am Abend geplante Meditation auf den folgenden, anstrengenderen Tag und hielt stattdessen die für diesen geplante Yogastunde schon am selben Abend.

Die zweite lange Wanderung zur Laguna Shallap (4250m) war wesentlich länger mit über 20 km Länge, allerdings weniger steil und anspruchsvoll, zudem waren alle schon besser akklimatisiert. Nur Cristóbal konnte leider nicht mitkommen, da ihm wohl das Frühstück nicht besonders gut bekommen ist, als wir zurückkamen ging es ihm allerdings wieder gut.
Die Abendmeditation war genau der richtige Abschluss des Tages.

Der letzte ganze Tag war auch wieder eher entspannt, da niemand an einem zusätzlichen Ausflug interessiert war und alle lieber in der Lodge entspannten und einige sich noch für Behandlungen eingetragen hatten.
Die morgendlichen Yogastunden im „Vinyasa Flow“-Stil waren mittlerweile intensiver geworden und führten zu einer Flow-Sequenz hin, die die Teilnehmer dann auch zu Hause praktizieren können. Während ich am Anfang der Woche noch detailliert auf die genaue Ausrichtung des Körpers in den einzelnen Yogaposen einging, war jetzt die fließende Verbindung der verschiedenen Positionen mit der Atmung als Taktgeber (wie im Vinyasa üblich) im Vordergrund. Am Abend dieses siebten Tages wurde das Retreat dann auch schon wieder mit einem Abschlusszirkel geschlossenen und ein letztes leckeres Abendessen wurde genossen.

Nach der letzten Morgenyogastunde kam dann auch das Taxi, das alle zurück nach Huaraz brachte und alle verabschiedeten sich von neu gewonnenen Freunden. Auch wenn ich finanziell eher Verluste als Gewinne gezogen habe, war das Ganze eine tolle Erfahrung, die mich aufgrund guten Feedbacks auch als Yogalehrerin bestätigte. Sicherlich werde ich irgendwann weitere Retreats planen, allerdings keines mehr mit Organisatorin Una.

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